„Ich habe nicht nur zwei Kinder, sondern eine ganze Mannschaft“ - Magdeburg Kompakt trifft Neustadttiger-Trainer Stefan Otremba


Montagmorgen. Stefan Otremba startet in eine anstrengende Woche. Sein Ziel: Halle, Martin-Luther-Universität. Der 34-jährige drückt wieder die Studienbank. Lehramt an Grundschulen mit Ausrichtung Sportlehrer. Bis 2012 arbeitete er als leitender Angestellter in einem privaten Versicherungsunternehmen. Doch dann sattelte er nach 16 Jahren Privatwirtschaft freiwillig um und arbeitet seit Oktober letzten Jahres an einem lang gehegten Traum.


„Familie, Hobby und Beruf wollte ich bestmöglich miteinander verbinden“, erläutert er. Stefan engagiert sich ehrenamtlich bei TuS 1860 Magdeburg-Neustadt als Jugendtrainer. Seine Leidenschaft für Fußball zeigt er offenherzig: Mitgliedschaften beim FC Bayern München, dem 1. FC Magdeburg und natürlich der TuS 1860 selbst sind daher Pflicht.
In der eigenen Jugend absolvierte er Spiele für die SV Fortuna und den MSV Börde, war im Herrenbereich aufgrund von Verletzungsanfälligkeit jedoch nicht mit großem Erfolg gesegnet.
„Erfolgreicher verlief da schon meine Leichtathletik-Karriere beim MLV „Einheit““.

Und er hat großes Glück, möchte da der ein oder andere Herr der Schöpfung sagen: Seine Frau Nicole ist nämlich nicht nur fußballbegeistert, sondern auch noch Staffelleiterin der F-Jugend der Stadt Magdeburg und stellvertretende Jugendausschussvorsitzende des Stadtfachverband Fußball.
Während Sohn Luis (fünf Jahre) seit einem halben Jahr die ersten Fußballerfahrungen macht, spielt Sohn Phillip (acht Jahre) bereits sein 4 Jahren im Team von Papa.
Beide Nachwuchskicker versuchen sich parallel zum Fußball noch beim SCM in der Leichtathletik, um die Grundformen der sportlichen Bewegung weiter auszubauen.
Bei den Kleinen geht Stefan auf: es sind die Neustadt Tiger. Seine Welt dreht sich momentan um die F-Jugend, die U9 des TuS. Magdeburg Kompakt kommt mit dem jungen Trainer ins Gespräch.


Stefan, wie bist du zum Ehrenamt gekommen?

Mein größerer Sohn Phillip hat mit vier Jahren angefangen, Fußball zu spielen. Da es sich beim TuS 1860 Magdeburg-Neustadt um einen Breitensportverein handelt, ist man auf jede Hilfe angewiesen. Die Eltern übernehmen schon einmal in den unteren Klassen das Training: man bringt sich ein. Damals in der G-Jugend (unterste Altersklasse) war der Trainerposten zu vergeben. Ich habe dies dann mit einem anderen Elternteil einfach mal versucht.
Da es mir sehr viel Spaß bereitete, habe ich nacheinander zwei Trainerlizenzen gemacht. 2011 die sogenannte C-Lizenz (Breitenfußball Kinder und Erwachsene) und 2012 die C-Fußballleistungslizenz.
Seitdem ist es Leidenschaft und ich habe nicht nur zwei Kinder, sondern eine ganze Mannschaft.


Seit wann bist du im Jugendfußball aktiv und was reizt dich so besonders daran?

Die erwähnte G-Jugend-Saison 2008/2009 war das erste Mal, bei dem ich mit dem Jugendfußball in Kontakt gekommen bin. Die Entwicklung der Kinder mit zu betrachten ist toll. Man kann aktiv Einfluss darauf nehmen, dass die Kinder sich fußballerisch und menschlich entwickeln und in einer Mannschaft auch soziale Dinge fördern. Man sieht das Ganze eben als Familie und alle müssen zusammen stehen. Den Kindern etwas mit auf den Weg geben für das spätere Leben, hat schon einen besonderen Reiz.

Wie läuft denn so ein Training mit den Kickern von Morgen ab?

Zwei Mal die Woche haben wir je eine Stunde Training. Jedes Kind bekommt von Anfang an den Ball. Es wird ausschließlich mit dem Spielgerät gearbeitet: Ballgewöhnung, sehr viel Passspiel und Dribblings. Technikübungen stehen ebenfalls ganz oben an. Ganz besonderen Wert lege ich auf die  Beidfüßigkeit. Zum Schluss steht immer das Spiel: zum Beispiel drei Vierermannschaften in Turnierform auf einem Viertelfeld, wegen der vielen Ballkontakte.

Bleibt bei soviel Fußball überhaupt noch Platz für Privates?

Meine Familie und ich verbringen so ziemlich jede freie Minute auf den Fußballplätzen dieser Stadt, was unsere übrige Familie mitunter zum Wahnsinn treibt (lacht). Mit Sicherheit trifft man uns aber bei Heimspielen des FCM im Stadion, meine Frau als Berichterstatter und mich auf der Gegengraden mit den Söhnen, natürlich mit Dauerkarte... Dazu kommen noch die meisten Auswärtsfahrten des FCM. Für mich bedeutet Freizeit Fußball, egal wo.

Wie motivierst du dich jede Woche für Spiel, Spaß und Spannung mit den Kleinen?

Ein Leben ohne Fußball kann ich mir nicht vorstellen. Meine beiden Söhne spielen selbst und meine Mannschaft ist mir über den Zeitraum von 4 Jahren richtig ans Herz gewachsen. Es ist somit leicht, sich täglich neu zu motivieren und gehört zum Tagesablauf einfach mit dazu. Dem Training mit den Kleinen wird alles weitere untergeordnet.

Gibt es nach Niederlagen bei dem ein oder anderen Tiger auch mal eine Träne? Wie sehr bist du dann als Trainer gefragt?

Letztes Jahr gab es die zum Anfang der Saison noch vereinzelt. Dieses Jahr gar nicht mehr. Nach einer G-Jugendsaison, wo wir alle 3 Titel in Magdeburg gewannen (Hallenmeister-, Pokalsieger- und Stadtmeistertitel), war für mich im ersten Jahr der F-Jugend klar, dass die Jungs jetzt erst einmal das verlieren lernen müssen bzw. den Umgang mit weniger erfolgreichen Spielen. Und trotzdem sollte es den Jungs Spaß machen. Dies war die größte Herausforderung, nachdem man doch stark verwöhnt wurde. Dieser Entwicklungsprozess brachte einen positiven Effekt, denn in dieser Saison gehören wir zu den Top-drei-Mannschaften unserer Liga. Es ist im Grundlagenbereich zwar nicht so entscheidend, ob wir hier dazu gehören, sondern die Ausbildung und der Spaß der Kinder stehen im Vordergrund. Aber es ist schön, durch die Tabelle seine eigene Arbeit gewürdigt zu sehen. In dieser Saison ernten wir die Früchte der Arbeit.

Jedes Elternteil sieht sein Kind als den kommenden Mario Götze. Wie stehst du zu dieser Aussage?

Nur ein verschwindend kleiner Prozentsatz derer, die ihr Hobby, zum Beruf machen konnten bzw. durften, kann hiervon leben. Gerade im Grundlagenbereich ist es doch vermessen zu sagen „mein Kind wird Profi.“ Neben Talent, Traininsfleiß, Unversehrtheit, etc. braucht man hierzu auch eine Menge Glück. Viele wollen Profi werden, aber nur wenige schaffen es. Es kann ja auch nicht jeder Vorstandsvorsitzender einer Aktiengesellschaft werden. Auf Dauer ist es entscheidender, wie die schulischen Leistungen ausfallen, um eine Lehrstelle zu bekommen oder ein Studium aufzunehmen. Natürlich ist es schön, wenn man einen Spieler in seinen Reihen hat, der „da oben“ irgendwann mal ankommt. Aber das Hauptaugenmerk sollte zunächst auf der Bildung liegen. Fußball können die Jungs halt dennoch spielen, wenn auch nicht alle als Profi. Aber vielleicht klappt es ja bei dem einen oder anderen. An mir soll es nicht liegen.

Ist alles harmonisch oder gibt es auch Konflikte, gerade weil Elternteile ihre Kinder als den kommenden Star sehen?

Es ist legitim, dass Eltern ihre Kinder mit anderen Augen betrachten, als ein Jugendtrainer. Allein aus diesem Grunde sind Probleme schon vorprogrammiert. Man steht im Konflikt mit der Wahrnehmung der Eltern und der tatsächlichen Begabung des Kindes, welche in unserem Bereich natürlich nur eine Momentaufnahme sein kann. Man benötigt eben ein gewisses Feingefühl, Vermittlungstaktik und ganz starke Nerven (lacht). Im Großen und Ganzen besteht aber Einigkeit.

Und wie gehst du da vor?

Miteinander reden hilft. Den Standpunkt klar machen und abwarten was passiert. Mehr geht nicht. Wenn jemand dennoch der Auffassung ist, dass sein Kind der nächste Mario Götze ist, dann ist es halt so.

Förderst du die Spieler noch irgendwie gesondert?

Letztes Jahr hatten wir neben den Trainingseinheiten und dem Spiel am Wochenende zusätzlich mittwochs Testspiele vereinbart. Hier sollten die Spieler Fuß fassen, die weniger Einsatzzeiten, als ihre Mannschaftskollegen hatten bzw. die neu zu uns in den Verein kamen. Einige Spieler konnten wir so heranziehen und sie spielen jetzt in der Spielmannschaft. Das war aber sehr zeitintensiv und ist in dieser Saison aufgrund meines Studiums in Halle gar nicht mehr möglich. Wir versuchen jedoch gerade jetzt bei den Hallenturnieren zwei Mannschaften zu stellen, damit jedes Kind durchgängig Spielpraxis erhält und wir so jedem annähernd gerecht werden. Bei aller Rücksichtnahme darf man aber die leistungsstärkeren Spieler auf gar keinen Fall vernachlässigen.

Was sind deine persönlichen Trainerziele in naher und ferner Zukunft?

Mein Ziel ist, dass sich meine Mannschaft im koordinativen und technischen Bereich weiter verbessert. Hieran werden wir verstärkt arbeiten. Allgemein soll die Grundlagenausbildung weiter voranschreiten, wobei mit jedem Spieler gearbeitet wird.
Wenn es die Zeit zulässt, kann ich mir vorstellen, dass ich im Trainerbereich meine Ausbildung weiter voran treibe. Gern würde ich auch zukünftig im Grundlagenbereich arbeiten, da dieser im engen Zusammenhang mit meinem Studium steht.

Zum Seitenanfang